Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist ein wichtiges Instrument, um Mitarbeiter im Alter abzusichern und gleichzeitig Unternehmen als attraktive Arbeitgeber zu positionieren. Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz II (BRSG II) möchte die Ampel-Koalition die Verbreitung der Betriebsrente vorantreiben. Doch trotz einiger Reformansätze bleibt die Hoffnung auf einen massiven Durchbruch für die betriebliche Altersversorgung verhalten. Vor allem kleine Unternehmen und Geringverdiener sollen laut dem Entwurf profitieren – ob das in der Praxis wirklich der Fall sein wird, ist allerdings fraglich.
In diesem Blogbeitrag beleuchten wir die zentralen Neuerungen des BRSG II und deren Auswirkungen auf die betriebliche Altersvorsorge. Unser Fokus liegt dabei auf den Vorteilen und Herausforderungen für kleine Unternehmen und Arbeitnehmer mit geringen Einkommen. Zudem geben wir eine Einschätzung, inwiefern diese Reformen die betriebliche Altersversorgung, insbesondere die pauschal dotierte Unterstützungskasse, tatsächlich beeinflussen.
Überblick über das Betriebsrentenstärkungsgesetz II
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz II (BRSG II) soll laut Bundesregierung die betriebliche Altersversorgung (bAV) weiter fördern und deren Verbreitung erhöhen. Konkret handelt es sich dabei um die Fortsetzung und Erweiterung des ersten Betriebsrentenstärkungsgesetzes, das 2018 eingeführt wurde. Der Fokus liegt dieses Mal auf einer verbesserten Förderung von Geringverdienern und kleineren Unternehmen.
Hubertus Heil (SPD), der Bundesarbeitsminister, möchte die betriebliche Altersversorgung vorwiegend für Arbeitnehmer in nicht tarifgebundenen Bereichen und für Beschäftigte mit niedrigem Einkommen attraktiver machen. Dies solle durch eine Kombination von Steueranreizen und Vereinfachungen bei der Einführung von Betriebsrenten gelingen.
Zentrale Reformvorschläge des BRSG II
- Anhebung der Fördergrenzen für Geringverdiener: Eine zentrale Maßnahme des BRSG II ist die Anhebung der Einkommensgrenze für die Niedrigverdienerförderung auf 3 % der Beitragsbemessungsgrenze (BBG), was aktuell 2.898 € entspricht (vorher 2.575 €). Diese Maßnahme soll es mehr Arbeitnehmern ermöglichen, von einer betrieblichen Altersvorsorge zu profitieren. Der maximal förderfähige Beitrag steigt zudem von 960 € auf 1.200 € jährlich. Der staatliche Zuschuss bleibt mit 30 % unverändert, was zu einem maximalen Förderbetrag von 360 € führt.
- Stärkung der Sozialpartnermodelle: Ein weiterer Schwerpunkt der Reform liegt auf den Sozialpartnermodellen. Diese wurden bereits 2018 eingeführt und sollen durch eine Reihe von Maßnahmen weiter ausgebaut werden. Hierbei handelt es sich um Modelle der bAV, die durch Tarifverträge zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften geregelt sind. Durch diese Kooperation sollen mehr Arbeitnehmer Zugang zu einer Betriebsrente erhalten, da die Sozialpartner die Rolle eines „Richtigkeitsgaranten“ übernehmen, der eine sichere und ausgewogene Durchführung gewährleistet.Neu ist, dass das Opting-Out, also die automatische Entgeltumwandlung, bei den Sozialpartnermodellen weiter ausgebaut wird. Arbeitgeber können nun auch durch Betriebsvereinbarungen mit Zustimmung der Gewerkschaften eine Entgeltumwandlung einführen – vorausgesetzt, sie leisten mindestens 20 % Arbeitgeberzuschuss. Diese gelten dann anstelle der verpflichtenden 15 % bei allen anderen Formen der bAV.
- Vorzeitige Inanspruchnahme der Betriebsrente: Eine weitere Neuerung betrifft die Möglichkeit, die Betriebsrente bereits vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Bisher war dies nur bei Bezug einer Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung möglich. Künftig soll dies auch bei einer Teilrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung möglich sein, was Arbeitnehmern mehr Flexibilität bei der Altersplanung bietet.
- Verbesserung der Abfindungsgrenzen: Die Abfindungsgrenzen bei einer Betriebsrente werden verdoppelt, wenn der Abfindungsbetrag mit Zustimmung des Arbeitnehmers in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wird. Diese Änderung soll vorwiegend älteren Arbeitnehmern zugutekommen, die auf diese Weise ihre gesetzliche Rente aufstocken können.
- Opting-Out-Systeme und vereinfachte Modelle für kleine Unternehmen: Ein weiterer Ansatz des BRSG II sieht vor, dass Opting-Out-Systeme zur automatischen Entgeltumwandlung nicht nur durch Tarifverträge, sondern auch auf Betriebsebene eingeführt werden können. Das bedeutet, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ohne Tarifbindung in der Theorie einfacher Betriebsrentenmodelle einführen könnten. Dies erfordert jedoch einen erheblichen finanziellen Beitrag des Arbeitgebers, was für viele kleine Unternehmen nach wie vor eine Hürde darstellen dürfte.
Bedeutung für kleine Unternehmen und Geringverdiener
Obwohl das BRSG II einige sinnvolle Neuerungen für die betriebliche Altersversorgung mit sich bringt, bleibt abzuwarten, ob diese Reformen die erhoffte Wirkung entfalten werden. Für kleine Unternehmen und Geringverdiener bringt die Gesetzesnovelle zwar potenzielle Verbesserungen, doch in der Praxis könnten viele dieser Unternehmen weiterhin auf die betriebliche Altersvorsorge verzichten.
Kleine Unternehmen, die bisher keine oder nur eingeschränkte Erfahrungen mit der Einführung einer bAV gemacht haben, sehen sich nach wie vor mit erheblichen administrativen und finanziellen Hürden konfrontiert. Die vorgeschlagenen Sozialpartnermodelle setzen auf tarifvertragliche Lösungen, die in vielen Branchen nicht existieren oder nur schwer umsetzbar sind.
Zudem wird das Opting-Out, das für eine automatische Entgeltumwandlung sorgen könnte, nur unter bestimmten Bedingungen erleichtert. Diese Bedingungen sind jedoch so restriktiv gestaltet, dass viele kleinere Betriebe weiterhin keine Möglichkeit haben, von diesen Vorteilen zu profitieren.
Kritische Punkte: Keine grundlegenden Veränderungen
Ein entscheidender Kritikpunkt an den geplanten Reformen ist, dass sie sich überwiegend auf Detailregelungen konzentrieren und keine grundlegenden strukturellen Veränderungen anstoßen. Insbesondere die Doppelverbeitragung der Betriebsrenten durch die Krankenkassen bleibt weiterhin ein ungelöstes Problem, das viele Arbeitnehmer davon abhält, eine betriebliche Altersvorsorge in Anspruch zu nehmen.
Die Pflicht, auf ausgezahlte Betriebsrenten weiterhin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen, mindert die Rentenhöhe erheblich und stellt eine gravierende Belastung für die Arbeitnehmer dar. Hier hätte eine Reform der bAV ansetzen müssen, um tatsächlich mehr Menschen für diese Art der Altersvorsorge zu gewinnen.
Unsere Einschätzung: Auswirkungen auf die pauschal dotierte Unterstützungskasse
Unsere Einschätzung ist, dass die meisten der im BRSG II vorgeschlagenen Änderungen kaum Auswirkungen auf Unternehmen haben werden, die bereits auf die pauschal dotierte Unterstützungskasse setzen. Dieses Modell bietet Unternehmen eine flexible und kostengünstige Möglichkeit, die betriebliche Altersversorgung ihrer Mitarbeiter zu gestalten, ohne dass dabei Haftungsrisiken entstehen. Da die Unterstützungskasse unabhängig von den Regelungen der Sozialpartnermodelle funktioniert, bleibt sie eine attraktive Option für Unternehmen, die auf langfristige Planungssicherheit setzen.
Für kleine und mittelständische Unternehmen, die sich eine einfache und kosteneffiziente Lösung für die betriebliche Altersvorsorge wünschen, ist die pauschal dotierte Unterstützungskasse weiterhin eine der besten Alternativen. Die vom BRSG II angestoßenen Reformen ändern an dieser Tatsache nichts.
Fazit
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz II bringt zwar einige Änderungen mit sich, die insbesondere Geringverdienern und kleinen Unternehmen zugutekommen sollen. Doch die zentralen Probleme der betrieblichen Altersversorgung, wie die Doppelverbeitragung der Betriebsrenten, bleiben unberührt. Unternehmen, die bereits auf die pauschal dotierte Unterstützungskasse setzen, werden von den meisten Neuerungen nicht betroffen sein. Für sie bleibt dieses Modell eine sichere und flexible Lösung zur Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung.
Insgesamt ist das BRSG II ein Schritt in die richtige Richtung, aber keine Revolution für die betriebliche Altersvorsorge. Kleine Unternehmen und Geringverdiener profitieren nur bedingt von den Reformen, und die breite Verbreitung der Betriebsrente bleibt weiterhin eine Herausforderung.